Einmalige intramuskuläre Tollwutimpfung bietet ausreichend Schutz
Eine Postexpositionsprophylaxe (PEP), bestehend aus mehreren Impfdosen und der Gabe von Immunglobulin, kann den Ausbruch einer Tollwut verhindern. Eine präexpositionelle Impfung (PrEP) macht eine Immunglobulin-Gabe überflüssig, jedoch ist eine PrEP nicht ausreichend zugänglich, da sie kosten- und zeitintensiv ist. Overduin et al. untersuchten, ob die Tollwut-PrEP von zwei auf eine Impfung verkürzt werden kann, ohne an Wirksamkeit zu verlieren.
Eine einmalige intramuskuläre Tollwutimpfung kann Reisende im Alter von 18-50 Jahren und möglicherweise auch andere Bevölkerungsgruppen wirksam immunisieren und könnte die derzeitige Standard-Tollwutimpfung mit zwei Impfungen als PrEP ersetzen. Die Wissenschaftler aus den Niederlanden führten vorliegende multizentrische, randomisierte Studie zwischen Mai 2018 und Dezember 2021 in drei niederländischen Reisekliniken (Medizinisches Universitätszentrum, Leiden; Reiseklinik Medizinisches Zentrum Erasmus, Rotterdam; und Medizinische Zentren der Universität Amsterdam) durch. Die Forscher rekrutierten gesunde Besucher der Reisekliniken im Alter ab 18 Jahren, die keine vorherige Tollwutimpfung erhalten hatten und keine Standard-Tollwut-PrEP gemäß den nationalen Richtlinien benötigten und randomisierten diese in eine von 4 Studiengruppen. Gruppe A erhielt eine einzelne intramuskuläre Dosis von 1,0ml Tollwutimpfstoff an Tag 0; Gruppe B erhielt zwei fraktionierte, intradermale Dosen von 0,1ml Tollwutimpfstoff an Tag 0; Gruppe C bekam eine standardmäßige doppelte intramuskuläre Tollwutimpfung von 1,0ml an Tag 0 und Tag 7; Gruppe D bekam keine Tollwutimpfung vor der Reise. Die Forscher verabreichten den Impflingen den Tollwutimpfstoff Rabipur der Bavarian Nordic A/S, Hellerup, Dänemark. Jede 1,0 ml-Dosis enthielt 2,5IE oder mehr lyophilisiertes inaktiviertes Tollwutvirus. Nach 6 Monaten erhielten alle Teilnehmer zwei intramuskuläre Dosen von 1,0ml Rabipur-Impfstoff (an Tag 0 und Tag 3), um eine PEP zu simulieren, wie sie im Falle einer möglichen Tollwut-Exposition, z. B. bei einer durch ein Tier verursachten Bisswunde, durchgeführt worden wäre. Die Probanden notierten unerwünschte Ereignisse in den ersten 5 Tagen nach jeder Impfung in einem Tagebuch. Zur Bestimmung der Konzentration der neutralisierenden Antikörper gegen das Tollwutvirus (RVNA) nahmen die Ärzte Blut zu Beginn der Studie, 2 Monate nach der Erstimpfung (nur Gruppen A-C), 6 Monate nach der Erstimpfung (vor der simulierten PEP) sowie 3, 7 und 21 Tage nach Beginn der simulierten PEP ab. Als primäres Ergebnis betrachteten die Forscher die Verstärkungsfähigkeit: die Induktion einer schnellen, anamnestischen Antikörperreaktion nach der simulierten PEP, gemessen als Anstieg des geometrischen Mittels der RVNA-Konzentrationen von Tag 0 bis Tag 7 nach der Wiederimpfung.
Die Experten schlossen 288 Freiwillige in die Studie ein. 81 Teilnehmer wiesen die Experten der Gruppe A, 83 der Gruppe B, 84 der Gruppe C und 40 Teilnehmer der Gruppe D zu. Die intramuskuläre PrEP mit einmaliger Impfung induzierte eine anamnestische Antikörperreaktion, die dem intramuskulären Schema mit zwei Impfungen nicht unterlegen war; die intradermale PrEP tat dies nicht. Nach der PEP wurde bei allen Teilnehmern, die irgendeine Form der PrEP erhalten hatten, ein schneller und starker Anstieg beobachtet. Am Tag 7 nach Beginn der PEP wurden in allen Gruppen, die eine PrEP erhalten hatten, hohe RVNA-Konzentrationen beobachtet. Das Verhältnis des Anstiegs zwischen der einmaligen intramuskulären PrEP und dem intramuskulären Standardprogramm mit zwei Impfungen betrug 2,32, während es bei der fraktionierten intradermalen PrEP und dem Standardprogramm bei 1,11 lag. Die Ärzte beobachteten keine impfstoffbedingten schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse. Unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Impfung waren meist leicht.
Fazit:
Die Experten kommen zu dem Schluss, dass die intramuskuläre präexpositionelle Impfung zum Schutz vor Tollwut mit einer einzigen Impfung in die Tollwut-Leitlinien für Reisende und andere Risikogruppen aufgenommen werden sollte. Allerdings sollte die Impfung bei Reisenden so weit wie möglich vor der Abreise erfolgen – vorzugsweise mindestens 2 Wochen vorher.
Quelle:
Autorin: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen