Tollwut kann durch die rechtzeitige Verabreichung von Impfstoffen verhindert werden. Internationale Richtlinien empfehlen einen Schutz durch eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP), gefolgt von einer rechtzeitigen Postexpositionsprophylaxe (PEP). Die Schnelligkeit und das Ausmaß der Antikörperreaktion sind von entscheidender Bedeutung. Langedijk et al. prüften systematisch die bisherigen Erkenntnisse zur Verstärkbarkeit der Tollwutimpfung.

Die Wissenschaftler aus den Niederlanden kamen nach ausgiebiger Literaturrecherche zu dem Resultat, dass nach intradermalen (ID) Primärimpfungen im Vergleich zu intramuskulären (IM) Impfungen reduzierte Antikörperspiegel vorliegen. Die Reaktionen nach der Auffrischungsimpfung waren jedoch bei beiden Verabreichungswegen ausreichend und blieben über lange Zeiträume hinweg erhalten, was darauf hindeutet, dass die Behandlung nach der Exposition auch nach langen Zeiträumen ohne zusätzliche Maßnahmen wirksam ist. Die Forscher führten eine umfangreiche Literaturrecherche durch und screenten Literatur, die die Auswahlkriterien für eine Tollwut-Auffrischungsimpfung ≥ 1 Jahr nach der Erstimpfung erforschte. Die Forscher unterschieden zwischen Studien zur kurzfristigen und langfristigen Auffrischungsfähigkeit und legten besonderes Augenmerk auf Studien, die mehrere Antikörpermessungen nach der Auffrischungsimpfung durchführten, insbesondere an den Tagen 7 und 14. Als primären Endpunkt betrachteten die Wissenschaftler den Prozentsatz der Studienteilnehmer mit Antikörperspiegeln ≥ 0,5 IU/ml am Tag 365 nach der Primärimmunisierung und unmittelbar nach der Auffrischungsimpfung (Serokonversionsrate; SCR). Sekundäre Endpunkte waren der geometrische Mittelwert des Antikörpertiters (GMT) und der Antikörpertiter vor und nach der Auffrischungsimpfung am Tag 365 oder später.

Die Literatursuche ergab 1389 Datensätze, von denen nach Entfernung der Duplikate 1053 übrigblieben. Insgesamt erfüllten 36 Studien, die zwischen 1984 und 2014 veröffentlicht wurden, die Einschlusskriterien für die qualitative Analyse. 29 Studien berichteten über die kurzfristige, 7 über die langfristige Boostbarkeit. Insgesamt waren die GMTs nach IM-Primärimpfungen höher als nach ID-Impfungen. Außerdem fielen mehr GMTs nach der primären ID-Impfung unter 0,5 IU/ml. Nach der Verabreichung von Auffrischungsimpfungen berichteten jedoch sowohl die IM- als auch die ID-Studien über GMTs ≥ 0,5 IU/ml. Von 29 Studien mit 4200 Probanden, die über die kurzfristige Auffrischungsfähigkeit berichteten, beschrieben alle einen GMT ≥ 0,5 IU/ml nach der Auffrischungsimpfung. Die SCR-Metaanalyse umfasste 17 Studien mit insgesamt 1504 Probanden. Die SCRs nach der Auffrischungsimpfung lagen sowohl bei der ID- als auch bei der IM-Immunisierung nahe bei 100 %. Darüber hinaus führten die Wissenschaftler eine Metaanalyse der GMTs vor und nach der Auffrischungsimpfung durch, in die die Resultate von jeweils 8 (1660 Probanden) bzw. 10 (1955 Probanden) Studien einflossen. In der Analyse vor der Auffrischungsimpfung lagen die GMTs in der ID-Gruppe bei 0,49 IU/ml gegenüber 1,44 IU/ml in der IM Gruppe. Die Analyse nach der Auffrischungsimpfung ergab GMTs von 17,64 IU/ml für die ID-Gruppe und 59,87 IU/ml für die IM-Gruppe. Sowohl vor als auch nach der Auffrischungsimpfung waren die GMTs der ID-Gruppe im Vergleich zur IM-Gruppe signifikant niedriger. Insgesamt zeigten 8 Studien (1226 Probanden), dass nach einer Auffrischungsimpfung bereits nach 7 und 14 Tagen sehr hohe Antikörperspiegel erreicht wurden. In 7 dieser 8 Studien lag die SCR bei 100 %. Auch bei verkürzten Impfplänen erreichten alle Probanden Antikörperspiegel ≥ 0,5 U/ml, was ebenfalls einer SCR von 100 % entsprach.

 

Fazit:

Boosterreaktionen nach sowohl intradermaler als auch intramuskulärer Immunisierung sind wirksam, da beide Verabreichungswege ausreichende Antikörperspiegel induzieren. Darüber hinaus ist die ausreichende Reaktion für die klinische Praxis wichtig, da sie darauf hinweist, dass eine PEP ohne die Verwendung von Tollwut-Immunglobulin nach einer möglichen Exposition lange nach dem primären Impfplan sicher verabreicht werden kann, so die Experten.

 

Quelle:

Autorin: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen