Auch immungeschwächte Patienten entwickeln Serokonversion nach Tollwut-PrEP
Daten zur Immunogenität von Tollwutimpfstoffen bei immungeschwächten Patienten (ICPs) sind rar. Daher empfiehlt die WHO, dass ICPs nach Tollwutexposition eine vollständige Postexpositionsprophylaxe (PEP) plus Tollwut-Immunglobuline erhalten müssen, auch wenn zuvor eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) verabreicht wurde. Garcia Garrido et al. bewerteten die 1-Jahres-Boostability eines PrEP-Schemas bei ICPs unter immunsuppressiver Monotherapie.
Bei Patienten, die eine immunsuppressive Monotherapie erhielten, war ein 3-teiliges Rabies-PrEP-Schema, gefolgt von einem 2-teiligen PEP-Schema, immunogen. Alle Patienten durchliefen während der Studie eine Serokonversion. Wissenschaftler der Universität Amsterdam in den Niederlanden und des Forschungsinstituts Sciensano in Brüssel, Belgien, führten zwischen August 2020 und März 2022 eine prospektive klinische Studie am Zentrum für Tropen- und Reisemedizin in Amsterdam durch. Die Forscher rekrutierten Patienten aus den Ambulanzen für Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie, die zwischen 18 und 70 Jahre alt waren, eine chronische Autoimmunerkrankung aufwiesen, die eine Monotherapie mit einem TNF-alpha-Hemmer (TNFi) oder einem konventionellen Immunmodulator wie Methotrexat, Azathioprin und Thioguaninen (cIM) erhielten und innerhalb der nächsten 5 Jahre eine Reise in ein Land mit endemischer Tollwut planten. Patienten, die vorher bereits eine Tollwutimpfung erhalten hatten, eine primäre Immunerkrankung, eine aktive Malignität, Hämophilie oder Schwangerschaft aufwiesen, schlossen die Forscher von einer Teilnahme aus. Alle Patienten erhielten einen intramuskulären (IM) PrEP-Plan, bestehend aus 3 Dosen eines gereinigten Tollwutimpfstoffs aus Hühnerembryozellkulturen (Rabipur, 1,0 ml) an den Tagen 0, 7 und 21–28 gemäß den WHO-Richtlinien für immungeschwächte Personen. Ein Jahr nach der Immunisierung erhielten alle Patienten einen simulierten IM-PEP-Plan mit 2 Dosen an Tag 0 und 3, anhand dessen die Wissenschaftler die Boostbarkeit beurteilten. Hierfür entnahmen die Forscher Blutproben jeweils zu Beginn der Studie (t0), an den Tagen 21 (t1), 60 (t2), 365 (kurz vor der 1. PEP; t12) und am Tag 7 nach der 1. PEP-Dosis (t12+7), die die Forscher auf Tollwutvirus-neutralisierende Antikörper (RVNA) testeten. Eine ausreichende Tollwut-Antikörperreaktion (Serokonversion) definierten die Experten gemäß den Empfehlungen der WHO als RVNA-Titer von > 0,5 IU/ml. Als primären Endpunkt betrachteten die Wissenschaftler die 1-Jahres-Boostfähigkeit, definiert als der Anteil der Patienten mit schnellen Recallreaktionen (RVNA > 0,5 IU/ml) an t12+7. Sekundäre Endpunkte waren Serokonversionsraten (SCRs), geometrische mittlere Titer (GMTs) zu allen Zeitpunkten und Faktoren, die mit der Serokonversion und der GMT-Größe am 7. Tag nach PEP assoziiert waren.
Insgesamt 52 Patienten schlossen die Studie ab und standen den Wissenschaftlern zur Auswertung zur Verfügung. An t12+7 zeigten 90 % der Patienten eine schnelle Recallreaktion mit einem RVNA-Titer > 0,5 IU/mL und einem GMT von 6,16. Die SCRs nach PrEP bei t1, t2 und t12 betrugen jeweils 73, 93 bzw. 53 %. Insgesamt gab es 5 Nonresponder. Der einzige Faktor, der signifikant mit dem primären Endpunkt bei t12+7 assoziiert war, war ein frühes PrEP-Ansprechen bei t1. Die Forscher fanden keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Boostability bei t12+7 und Alter, Geschlecht, Medikamentenregime, spätem PrEP-Ansprechen oder zugrunde liegender Diagnose. Insgesamt waren 83 % der boostbaren Patienten an t12+7 auch frühe PrEP-Responder. Nicht boostbare Patienten an t12+7 erreichten im Vergleich erst später zu t2 eine Serokonversion. In univariablen und multivariablen linearen Regressionsanalysen waren ein zunehmendes Alter, eine Behandlung mit TNFi, eine zugrunde liegende Diagnose von rheumatoider Arthritis und die Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht signifikant mit niedrigeren Titern nach PEP assoziiert.
Fazit:
Ein 3-teiliger PrEP-Impfplan gegen Tollwut, gefolgt von einem 2-teiligen simulierten PEP-Impfplan, erwies sich bei Patienten, die eine immunsuppressive Monotherapie erhielten, als immunogen. Das Ziel einer 100-prozentigen Boostbarkeit 7 Tage nach der simulierten PEP wurde jedoch nicht erreicht. Zukünftige Studien müssen die Dauer der Boostbarkeit bei Patienten unter immunsuppressiver Therapie aufklären, so die Experten.
Quelle:
Autorin: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen