PCEC-Impfstoff gegen Tollwut bietet langfristige Immunität
Eine Tollwut-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wird Personen empfohlen, die einem Tollwutrisiko ausgesetzt sind. Drei Dosen eines gereinigten Tollwutimpfstoffs aus Hühnerembryozellen (PCEC) können nach einem herkömmlichen (4-wöchigen) oder einem beschleunigten (1-wöchigen) Schema verabreicht werden. Jelinek et al. bewerteten die langfristige Persistenz Tollwutvirus-neutralisierender Antikörper bei Personen unter verschiedenen PrEP-Schemata.
Der allein oder zusammen mit einem Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis (JE) verabreichte PCEC-Tollwutimpfstoff bietet bis zu zwei Dritteln der nicht geboosteten Studienteilnehmer langfristig ausreichende Immunität. Tropenmediziner aus Deutschland führten zwischen 2015 und 2022 an 5 Zentren in Deutschland, einem Zentrum in Österreich und einem Zentrum in der Schweiz eine offene Phase-III-Studie durch, in die sie Erwachsene im Alter von 18–65 Jahren einschlossen. Die Patienten erhielten entweder 3 Dosen des PCEC und 2 Dosen des JE-Impfstoffs gleichzeitig nach dem beschleunigten 1-Wochen-Schema (Gruppe „Tollwut + JE-beschleunigt“), nach dem herkömmlichen 4-Wochen-Schema (Gruppe „Tollwut + JE-konventionell“) oder einzeln gemäß dem konventionellen 4-wöchigen Impfschema (nur PCEC-Tollwutimpfstoff, Gruppe „Tollwut-konventionell“ oder nur JE-Impfstoff, Gruppe „JE-konventionell“). Studienteilnehmer, die diese Studie abgeschlossen und insgesamt 3 Dosen einer Tollwut-PrEP erhalten hatten, schlossen die Forscher in vorliegende Verlängerungsstudie ein. Die Wissenschaftler beobachteten die Studienteilnehmer etwa 10 Jahre lang nach und bewerteten die Immunantworten bei jährlichen Untersuchungen ab dem 3. Jahr der Nachbeobachtung. Hierfür bestimmten sie die Tollwutvirus-neutralisierende Antikörper (RVNA) aus Blutproben. Wiesen die Probanden RVNA-Titer < 0,5 IU/ml auf, hatten diese Anspruch auf eine PCEC-Auffrischungsdosis. Nach Erhalt der Auffrischungsdosis bewerteten die Tropenmediziner die Immunreaktion bei einem zusätzlichen Klinikbesuch 7 Tage nach Verabreichung der Auffrischungsimpfung und bei der nächsten jährlichen Untersuchung. Wiesen die Probanden bei beiden Terminen keine ausreichenden RVNA-Konzentrationen auf, bekamen sie eine weitere Auffrischungsdosis. Als primären Endpunkt betrachteten die Wissenschaftler die langfristige Persistenz der RVNA-Reaktionen der Teilnehmer unter den beschleunigten und konventionellen Impfschemata und bewerteten die RVNA-Reaktionen und die Sicherheit auf eine Auffrischungsdosis.
Von 459 Studienteilnehmern schlossen 356 die Studie nach 10 Jahren ab. Impflinge, die das beschleunigte Impfschema (Tollwut + JE-beschleunigt) erhalten hatten, zeigten einen schnelleren Abfall der RVNA-Konzentration im Vergleich zu den beiden konventionellen Gruppen („Tollwut + JE-konventionell“ und „Tollwut-konventionell“). Die adjustierten Hazard Ratios (aHRs) für den Vergleich zwischen dem beschleunigten und dem „Tollwut + JE-konventionell“-Impfschema erreichten jedoch keine statistische Signifikanz. Zehn Jahre nach der Immunisierung betrug die Wahrscheinlichkeit, eine RVNA-Konzentration von ≥ 0,5 IU/mL aufzuweisen, 57,8 % in der Gruppe „Tollwut + JE-beschleunigt“, 60,2 % in der Gruppe „Tollwut + JE-konventionell“ und 62,0 % in der Gruppe „Tollwut-konventionell“. Die geometrischen Mittelkonzentrationen (GMCs) betrugen nach 10 Jahren 0,72 IU/ml, 0,59 IU/ml und 0,68 IU/ml in den Gruppen mit beschleunigtem Impfplan, mit konventionellem Impfplan gegen Tollwut und JE bzw. mit konventionellem Impfplan gegen Tollwut. Insgesamt wiesen 68,6 % aller Teilnehmer zu jedem erhobenen Studienzeitpunkt RVNA-Konzentrationen von ≥ 0,5 IU/ml auf und benötigten während des Nachbeobachtungszeitraums der Studie keine Auffrischungsimpfung. Von den 144 Teilnehmern mit RVNA-Konzentrationen von < 0,5 IU/ml benötigten 132 während des Nachbeobachtungszeitraums (Jahr 3–10) eine Auffrischungsimpfung und 12 mehrere Auffrischungsimpfungen. Die Forscher stellten keine Sicherheitsbedenken fest.
Fazit:
Die vorliegende Studie zeigt, dass der PCEC-Tollwutimpfstoff auch bei gleichzeitiger Verabreichung mit dem JE-Impfstoff eine langfristige Immunität und Auffrischungsfähigkeit bietet, und zwar für alle getesteten Impfpläne ohne signifikante Unterschiede. Dies unterstützt die Empfehlungen der WHO hinsichtlich der Verabreichung von Auffrischungsimpfungen, so die Forscher.
Quelle:
Autorin: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen