Tollwut-Durchbrüche werden durch schnelle PEP und Wundversorgung reduziert
Die Postexpositionsprophylaxe (PEP) gegen Tollwut wird häufig angewendet und ist hochwirksam. Dennoch werden immer wieder vereinzelte Durchbruchsinfektionen, also Tollwut bei Personen, die mit einer PEP begonnen haben, gemeldet. Whitehouse et al. haben eine systematische Sichtung von Artikeln durchgeführt, um Durchbruchsinfektionen zu charakterisieren.
Eine rechtzeitige und angemessene Verabreichung einer PEP ist entscheidend für die Vorbeugung von Tollwut. Auch wenn Menschen mit hohem Expositionsrisiko oder Immunsuppression trotz Einhaltung grundlegender Maßnahmen an Tollwut erkranken können, kommt dies äußerst selten vor. Wissenschaftler des Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta in den USA führten eine systematische Prüfung von Artikeln durch, die zwischen Januar 1980 und Juni 2022 veröffentlicht wurden. Die Forscher klassifizierten Durchbruchsinfektionen auf der Grundlage der Einhaltung von Kernmaßnahmen. Die Forscher betrachteten folgende Maßnahmen als die minimal akzeptablen PEP-Kernmaßnahmen, die zur weltweiten Prävention von Tollwut beim Menschen erforderlich sind: die Notwendigkeit einer angemessenen Wundreinigung, die intradermale oder intramuskuläre Injektion von Tollwutimpfstoffen an einer geeigneten Stelle und die Vervollständigung der gewählten Impfserie. Durchbruchinfektionen definierten die Experten mit bekannten oder möglichen Abweichungen von den PEP-Kernmaßnahmen als solche, bei denen mindestens eine der Kernmaßnahmen verletzt worden oder möglicherweise verletzt worden war. Hierbei berücksichtigten die Wissenschaftler die Gründe für Durchbruchinfektionen, die sie in 4 Gruppen eingeteilten: Beiträge der Gesundheitsdienstleister, Verhalten der Patienten, anatomische oder gesundheitliche Merkmale und Integrität der PEP-Impfstoffe. Die Forscher verglichen außerdem Expositionspaare, eine Person mit Durchbruchsinfektion und eine ohne, und analysierten Unterschiede in Behandlung und anatomischen Faktoren, die erklären könnten, warum trotz gleicher PEP nur eine Person Tollwut entwickelte.
Insgesamt erfüllten 3380 Artikel die Suchkriterien. Nach der Sichtung nahmen die Forscher 52 Publikationen, die 122 Durchbruchsinfektionen repräsentierten, in vorliegendes Review auf. Sämtliche Fälle wurden in Afrika, Asien und im Nahen Osten gemeldet. Die häufigste Infektionsquelle (87 %) stellten Hunde dar. Keine der Studien berichtete in Durchbruchsfällen über bekannte Unterbrechungen der Impfstoff-Kühlkette; Wirksamkeitstests von Tollwut-Immunglobulin und Impfstoffen bestätigten die Unversehrtheit und andere Personen, die die gleichen Immunglobuline und Impfstoffe erhielten, überlebten nach dem Biss durch ein tollwütiges Tier. Insgesamt 56 % der Fälle klassifizierten die Forscher als Durchbruchsinfektionen mit Abweichungen von den Kernpraktiken. Zu anatomischen oder gesundheitlichen Merkmalen, die Durchbrüche begünstigten, gehörten Wunden am Kopf oder Hals und immunschwächende Erkrankungen wie ein unkontrollierter Diabetes, Leberzirrhose als Folge von Alkoholismus, altersbedingte Immunsuppression, chronische lymphoproliferative Leukämie und eine nicht näher beschriebene fortgeschrittene Immunschwäche. Weitere Gründe für Durchbruchinfektionen waren eine direkte Inokulation in stark innerviertes Gewebe oder Nerven, die gleichzeitige Verabreichung von Malariamedikamenten oder Ketamin, Bedenken hinsichtlich einer fehlerhaften PEP-Verabreichung, sowie die Hypothese, dass der Tollwutvirusstamm möglicherweise virulenter war. Insbesondere eine verbesserte Wundreinigung und eine schnelle Verabreichung von Tollwut-Immunglobulin sind von großer Wichtigkeit, um Durchbrüche zu vermeiden.
Fazit:
Die Untersuchung legt nahe, dass Durchbruchinfektionen selten, aber in seltenen Fällen aufgrund anatomischer Faktoren und des Gesundheitszustands möglicherweise nicht vermeidbar sind. Bei der Behandlung sollte großen Wert auf eine gute Wundreinigung und eine schnelle PEP-Versorgung gelegt werden. Eine verstärkte Überwachung von Durchbruchsinfektionen ist entscheidend, um deren Ursachen besser zu verstehen und Empfehlungen anzupassen.
Quelle:
Autorin: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen